Geschlechtergerechtigkeit wurde 2003 als ein Ziel im Berliner Kommuniqué zum Bologna-Prozess festgeschrieben und wirkt auf ein verändertes Verhältnis der Geschlechter untereinander hin. Das aber setzt voraus zu verstehen, wie und warum sich das Geschlechterverhältnis zu den bestehenden Formen entwickelt hat.
Der vorliegende Tagungsband präsentiert neun Beiträge, in denen Wissenschaftlerinnen aus unterschiedlicher geisteswissenschaftlicher Perspektive Fragen von Geschlechtlichkeit und gesellschaftlicher Repräsentation von Machtverhältnissen unter den Geschlechtern diskutieren. Dabei geht es unter anderem um den Zusammenhang von poststrukturalistischem Bildungsdiskurs und der postfeministischen Theorie Judith Butlers, um die Frage weiblicher Autorschaft und dem grundsätzlichen Selbstverständnis einer Autorin oder um die Möglichkeit, mittels einer literaturwissenschaftlichen Studie männliches und weibliches Selbstverständnis im frühen 19. Jahrhundert zu verstehen.
„Genderstudies in den Geisteswissenschaften“ liefert aufschlussreiche Erkenntnisse über und für gegenwärtige Debatten um weibliche Sexualität und Emanzipation, bietet reichhaltiges Material für die Auseinandersetzung mit Fragen zu Geschlecht und Gesellschaft und zeigt gleichzeitig, welchen Fragen im Bereich der Genderstudies es noch nachzuspüren gilt.
Inhaltsverzeichnis
Gaja von Sychowski: Judith Butler und der poststrukturalistische Bildungsdiskurs
Derya Gür und Julia Wrede: Verkehrte Welten: Der Vorwahlkampf zwischen Hillary Clinton und Barack Obama aus medienanalytischer Sicht
Renate Kroll: Autorin, weibliche Autorschaft, Frauenliteratur. Betrachtungen zu schreibenden und „geschriebenen“ Frauen
Elke Reinhardt-Becker: Die romantische Geschlechterdifferenz aus der Perspektive männlichen und weiblichen Schreibens. Von Engeln, Heilerinnen, emanzipierten Frauen und androgynen Wesen
Sonja Hilzinger: Exilliteratur, Geschlechterforschung und die Entdeckung einer Autorin: Margarete Steffin
Aurora Distefano: Körper und Geschlecht – Überlegungen zur Identitätsproblematik in Terézia Moras Roman „Alle Tage“
Vanessa Laskowski: Verführerische Fantasie – Don Juan im Spiegel der Literatur in Zeiten von Viagra, sexueller Befreiung und Emanzipation
Heike Klippel: Die Wiege des Bösen – Horror und Reproduktion
Corinna Schlicht: Androgynie als Aussteiger-Motiv in der Filmwelt des Tom Tykwer
Dr. Corinna Schlicht (Jg. 1970) ist derzeit wiss. Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen. Sie hat Germanistik und Philosophie studiert. Seit 1997 Lehr- und Forschungstätigkeiten an verschiedenen Universitäten, 2003 Dissertation über die pragerdeutsche Schriftstellerin Lenka Reinerová. Veröffentlichungen u. a. zu Heinrich von Kleist, E.T.A. Hoffmann, Siegfried Lenz, W.G. Sebald, Terézia Mora und David Lynch.