Im Rahmen des umfassenden Wandels, der sämtliche Bereiche des Lebens in liberalen Demokratien betrifft und dessen Ende kaum vorhersehbar erscheint, hat die Globalisierung verschiedene Diskurse der Angst hervorgebracht. Diese beziehen sich auf die Anforderungen und Veränderungen, denen sich das nachmoderne Subjekt ausgesetzt sieht, und finden sich in den jeweiligen Medien als Narrative der Angst und Entgrenzung. Literatur, Film und Theater ebenso wie die verschiedenen Pressemedien sind als Plattformen kultureller Selbstreflexion zu verstehen, die hinsichtlich der Angstnarrative untersucht werden. Um die komplexen diskursiven Wechselwirkungen angemessen in den Blick nehmen zu können, ist eine Differenzierung verschiedener Bereiche, in denen sich Redeweisen über Angst und Entgrenzung manifestiert haben, dringend erforderlich. Aus diesem Grund beschäftigt sich der vorliegende Sammelband mit vier zentralen Bereichen: Veränderung des sozialen Lebens, Arbeit und Ökonomie, kulturelle Identität sowie Körper- und Geschlechtsidentität.
Inhalt
Corinna Schlicht & Christian Steltz
Einleitung
Corinna Schlicht
Entscheidungsschwäche als Problem männlicher
Subjektkonstitution in den Textwelten Tilman Rammstedts
Sylvia Kokot
(Natur-)Techniken. Narrative Konstrukte und Ambivalenzen
im Diskursfeld um ADHS und Methylphenidat
Sarah Maaß
Wer hat Angst vorm schwarzen Loch? (Re)Normalisierung
und Lebenskunst in aktuellen Lifestylemagazinen
Philip Reich
Durch Kreativität zur Katastrophe? Das entgrenzte Subjekt in
Moritz Rinkes Wir lieben und wissen nichts
Melina Grundmann & Jacqueline Thör
Macht Globalisierung krank? Isolation und Depression in
Terézia Moras Romanen Der einzige Mann auf dem Kontinent
und Das Ungeheuer
Christian Steltz
„Ein Boot voll mit Leuten, siehst du es nicht?“ – Verdrängung
als Überlebensstrategie des globalisierten Subjekts in
Roland Schimmelpfennigs Der goldene Drache (2009)
und Aki Kaurismäkis Le Havre (2011)
Mirijam Unnerstall
Zeitgeschichte und die Last traumatischer Erinnerungen
in Maja Haderlaps Roman Engel des Vergessen
Andreas Schmid
Repräsentation und Globalisierung. Postkoloniale
Erzählstrategien in Hans Christoph Buchs
Reise um die Welt in acht Nächten
Lydia Doliva
Grenzerfahrungen in Jenny Erpenbecks Roman
Gehen, ging, gegangen
Hannah Speicher
Von der lächerlichen Finsternis im Herzen der Berliner
Republik. Wolfram Lotz’ Hörspiel- und Theatertext
Die lächerliche Finsternis im Kontext neokolonialer
Wirklichkeit(en) nach 1989
Thomas Emmrich
Vom Simulacrum zur Septoästhetik. Sexualität und
Weiblichkeit bei Ovid, Cixous und Roche
Dr. Corinna Schlicht (Jg. 1970) ist wiss. Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen. Sie hat Germanistik und Philosophie studiert. Seit 1997 Lehr- und Forschungstätigkeiten an verschiedenen Universitäten mit den Schwerpunkten Gegenwartsliteratur, Literaturbetrieb, Gender Studies und Film, 2003 Dissertation über die pragerdeutsche Schriftstellerin Lenka Reinerová. Veröffentlichungen u. a. zu Heinrich von Kleist, E. T. A. Hoffmann, W. G. Sebald, Terézia Mora, Katharina Hacker und Tom Tykwer.
Dr. Christian Steltz (Jg. 1977) ist wiss. Mitarbeiterin an der Universität Regensburg. Er hat Germanistik und Anglistik/Amerikanistik studiert. Seit 2004 Lehr- und Forschungstätigkeiten mit den Schwerpunkten Gegenwartsliteratur, Intertextualität und Interkulturelle Germanistik, 2010 Dissertation über Intermedialität im Drama der Gegenwart. Veröffentlichungen u. a. zu Bertolt Brecht, Feridun Zaimoğlu, Wilhelm Genazino, Quentin Tarantino, René Pollesch, Roland Schimmelpfennig und Christian Kracht.